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Martin Sassmann ca. 1960

Informationen

Datum: 1960

Herkunft: Hückeswagen

Seriennummer: 1768

Dieses zweimanualige Cembalo von Martin Sassmann ist ein Zeugnis der modernen Cembalobauweise in Deutschland in den 1960er Jahren. Seit der Wiederbelebung dieses Instrumententypus Ende des 19. Jahrhunderts / Anfang des 20. Jahrhunderts wurden vermehrt Instrumente gebaut, die in Anlehnung an die moderne Klavierbauweise gefertigt wurden. Diese neue „Cembalobewegung“, angeführt durch Wanda Landowska, versuchte verbesserte Instrumente hervorzubringen, die den modernen Anforderungen der Zeit gerecht werden sollten. Mit den historischen Originalinstrumenten hat diese Bauart nur noch entfernt zutun. Jedoch beflügelten gerade diese neuen Instrumente viele Komponisten wie beispielsweise Francis Poulenc, Jean Françaix oder György Ligeti. Sie stellen nunmehr einen festen Bestandteil in der neueren Geschichte der Tasteninstrumente dar.

 

Das Instrument ist in der für die Zeit typischen Rastenbauweise und im Stil der 1960er Jahre gefertigt. Der Korpus ist aus Kirschbaum und hat eine geschwungene Flügelform mit einem nach unten hin offenen Resonanzboden. Das Instrument verfügt über 4 Springerreihen. Die Springer sind aus Kunststoff und mit Leder bekielt. Weiterhin hat es fünf Pedale (Schaltung der Register und Manualkoppel) und 3 Handregisterzüge für die Lautenzüge. Auf dem Vorsatzbrett befindet sich die Signatur „Sassmann“. Die Seriennummer lautet 1768 und ist rechts auf dem Stimmstock eingeschlagen.

Laut alten Verkaufskatalogen der Firma Sassmann handelt es sich bei dem Instrument um das Modell „Schütz“, in Anlehnung an den Komponisten Heinrich Schütz (1585 – 1672). Die Bezeichnung einzelner Modelle von Cembali nach bekannten Komponisten war in den 1950er – 1970er Jahren bei vielen Cembalobauern (Neupert, Sperrhake, Wittmayer usw.) sehr beliebt – historische Bezüge gab es jedoch keine.

Der Klang des Instrumentes ist sehr voluminös, äußerst vielschichtig und bietet durch die vielen Register und Registrierungsmöglichkeiten eine Vielfalt an Klangfarben. Allerdings muss hier deutlich gesagt werden, dass der Klang mit einem historischen Cembalo gar nicht vergleichbar ist, handelt es sich durch seine Konstruktion ja um ein völlig neues Instrument, dass mit den alten Cembali lediglich die Klangerzeugung gemeinsam hat.

Die Dispositionen des Cembalos sind:

  • unteres Manual:          8’, 8’ – Laute, 16’, 16’ – Laute
  • oberes Manual:           8’, 8’ – Laute, 4’

 

Bei dieser Disposition handelt es sich um die so genannte „Bach – Disposition“, die auf die Dispositionen eines Cembalos im Musikinstrumentenmuseum Berlin zurück geht. Das Cembalo in der Berliner Sammlung, welches mit großer Wahrscheinlichkeit von Johann Heinrich Harrass (1665 – 1714) gebaut wurde, diente vielfach als Vorlage mit seinen Dispositionen für die Neubauten der neuen Cembalobewegung. (vgl. H. Henkel: „Der Cembalobau der Bach-Zeit im sächsisch-thüringischen und im Berliner Raum“, in: „Bericht über die Wissenschaftliche Konferenz zum II. Internationalen Bach-Fest der DDR“, Leipzig 1977, S. 361–374.) Das Instrument von Harrass soll angeblich aus dem Besitz Wilhelm Friedemann Bachs, der es von seinem Vater Johann Sebastian Bach geerbt haben soll, stammen. Einen Nachweis darüber gibt es allerdings nicht. Es ist anzunehmen, dass der Nimbus des Namens und die angebliche Provenienz Johann Sebastian Bachs hier maßgeblich dazu beigetragen haben, dass eben jenes Instrument in Berlin von seinen Dispositionen her als Vorlage diente.

 

Wolfgang Joachim Zuckermann führt in seinem Buch „The Modern Harpsichord“ 1969 acht Modelle auf, die Sassmann baute:

Kleinspinett

  • Umfang: HH – f3
  • Register: 8’

Spinett „Silbermann“

  • Umfang: HH – f3
  • Register: 8’ und Lautenzug

Cembalo „Kleinod“ – 1 manualig

  • Umfang: HH – f3
  • Register: 8’, 4’, geteilter Lautenzug 8’

Cembalo „Scarlatti“ – 1 manualig

  • Umfang: AA – f3
  • Register: 8’, 4’, geteilter Lautenzug 8’

Cembalo „Pertici“ – 1 manualig

  • Umfang: AA – f3
  • Register: 8’, 8’, 4’, Lautenzug oder 16’, 8’, 4’, Lautenzug 16’ und 8’

Cembalo „Baffo“ – 2 manualig

  • Umfang: AA – f3
  • Register oberes Manual: 8’, 8’ – Laute,
  • Register unteres Manual: 8’, 4’
  • Schaltung via Kniehebel

Cembalo „Schütz“ – 2 manualig

  • Umfang: AA – f3 oder GG – f3 oder GG – g3
  • Register oberes Manual: 8’, 4’ oder 8’, 8’ oder 8’
  • Register unteres Manual: 8’, 16’ oder 8’, 4’, 16’ oder 8’, 4’
  • Schaltung via Pedale

Cembalo „Bach“ – 2 manualig

  • Umfang: FF – f3
  • Register oberes Manual: 8’, 4’, 8’ – Laute
  • Register unteres Manual: 8’, 16’, 16’ – Laute
  • Schaltung via Pedale

 

Martin Sassmann wurde 1924 geboren. Im zweiten Weltkrieg war er Pilot und startete ab1948 seine Lehre bei J. C. Neupert, die er 1953 mit seiner Meisterprüfung beendete. 1955 eröffnete er in Lennep eine eigene Werkstatt. Der wachsende Betrieb zog 1966 nach Hückeswagen-Wiehagen. Seit der Eröffnung des Betriebes 1955 bis 1969 und mit ca. 20 Mitarbeitern wurden in Summe ca. 1500 Instrumente gebaut. Die jährliche Produktion umfasste ca. 45 zweimanualige Cembali, 50 einmanualige Cembali, 20 Spinette und 4 Clavichorde. (vgl. W. J. Zuckermann: „The Modern Harpsichord“ 1969)

Im Jahr 1987 firmierte der Handwerksbetrieb zu „Sassmann & Kramer“ und wurde 1990 in eine GmbH umgewandelt. Nach mehreren weiteren Geschäftspartnern stellte die Firma ihre Produktion 2009 ein.

Erwähnenswert ist, dass die Firma in den späten 1960er und 1970er Jahre vermehrt Instrumente in historischer Bauweise fertige und so dem Trend und der Nachfrage nach historischen Kopien nachkam.

 

 

 

Länge: 210 cm

Breite: 109 cm

Höhe: 39 cm

Umfang: 5 Oktaven (GG – G3)

Mechanik: Kunststoffspringer mit Leder bekielt

Pedale: 5 Pedale Registerschaltung (8’,16’,8’,4’, Manualkoppel), 3 Handregister für Lautenzüge (8’, 16’, 8’)

Signatur: "Sassmann"